I. prä-op (winter 2014)
II. post-op (frühling 2015)
Ist das Dein Körper?
I. ja zum teil. aber ein teil davon fühlt sich nicht so an als wär´s meiner, sondern halt an mir dran. frage: wie kommt man dazu, dass man sich spürt? Vielleicht ist auch gerade das Unbehagen etwas wodurch ich mehr spüre. also ich glaub, es war eben ein prozess- ist ja so ein schönes wort “Prozess”! Also mein körper ist auf jeden fall das, warum ich mich überhaupt ausdrücken kann. Er ist mein ausdrucksmittel.
II. Man könnte auch fragen, ob ich mein Körper bin. Zur Zeit bin ich, glaub ich, grad jetzt.. oder sind wir, ich und mein Körper, wir sind in so einer Übergangsphase. verwundet. Also ich hatte bis vor kurzem noch das Gefühl, verwundet zu sein. … jetzt spannt´s grad hier. Aber auch meinen Körper verletzen zu lassen, ist so ein Akt, wie man so akademisch sagt, der Aneignung. Also ich bin ein bisschen mehr ich als vorher, wenn das geht. Also ich bin auf jeden Fall mein Körper. Und das Unwohlsein, was mich begleitet hat, das löst sich langsam. Und dafür hat es aber eine Verletzung gebraucht.
Besitzt Du ihn?
I.Ich habe ihn mir mit der Zeit angeeignet. also ich besitze ihn dort, wo ich was mit ihm mach´. also solang ich in Bewegung bleib, Sport mach, ihn veränder, ihn aktiv veränder, hab ich das Gefühl, dass er mir gehört, dass er etwas ist, was meins ist und eigentlich ist mir zum Beispiel meine Gesundheit deshalb so wichtig, weil ich glaub, das ist im Grunde alles was ich hab. Also ich kann mir ein Leben nicht vorstellen, oder noch nicht vorstellen, wo ich nicht mehr so beweglich bin oder nicht mehr so aktiv bin, so viel Bewegung machen kann, wie ich`s derzeit tu. Also ich besitz glaub ich generell nicht viel und es ist mir generell nicht so wichtig. Das wichtigste ist mir, glaub ich, mein Körper und meine Gesundheit und die Zeit die ich hab.
II. Ja. ich glaub, ja. Also ich kann Einiges. Ich kann Einiges machen mit ihm und das ist halt so ein Besitzen, eine Macht, eine Stärke. Das ist das, was ich mit Besitz verbinde, dass ich sag´, es macht mich stark, es ist ein Teil von mir, es ist Meins. Ich hab das Gefühl, es ist mir jetzt möglich, mehr da zu sein. Und das eben deshalb, weil er mir gehört und weil er nicht mehr so von dem.. von dem Außen, von der Außenwahrnehmung beläßtigt wird, eingenommen wird, in Frage gestellt wird.
Was hast Du verloren?
II.Wennst mich das so fragst, dann auf jeden Fall zuerst einmal meinen Bruder. Der Verlust hat mich irgendwie die letzten acht Jahre ziemlich beschäftigt. und der hat erst vor einem Jahr aufgehört mich fern zu halten von der welt; das heißt, mich fern zu halten von meinem eigenen Interesse an der Welt. und…
… ja , jetzt hab ich grad, ja, das waren 640Gramm, verloren. Ballast natürlich, ja . gut. Ich bin da durch ne ziemliche Unsicherheit durchgegangen. Also die drei Tage vor der OP waren extrem.. schwierig zu nehmen. Weils davor ne lange Zeit gegeben hat; in der ich eben in Frage gestanden bin. Und wenn Du mich jetzt fragst, was hab ich verloren, dann hab ich auf jeden Fall was riskiert. das hab ich schon auch gemerkt. ich hab einfach Verletzung riskiert, Komplikationen riskiert. Also ich war an der Grenze auf jeden Fall, Dinge zu verlieren, die ich vielleicht nicht verlieren wollte. Ich hab in dem langen Prozess davor, in dem ich in Frage gestanden bin, dadurch dass ich mich nicht wahrnehmen konnte, so wie ich wollte oder mich nicht so vermitteln konnte, viel Sicherheit verloren, viel Selbst-sicherheit. die ich jetz erst wirklich spür, dass mir die abgeht oder dass ich die wieder haben möcht.
Was ist Körper für Dich?
…
mittlerweile kommt mir das schon fast absurd vor weil,, Also zum Beispiel die Veränderungen, die ich machen muß mit meinem Körper sind..also ermöglichen es mir, noch mal ein anderes Bewußtsein zu erlangen. also über die.. also er ist eigentlich die Möglichkeit,.. eben auch von A nach B zu kommen, die Möglichkeit zu Veränderung, zu Ortsveränderung, das heißt.. im Weiteren auch die Möglichkeit mich zu erweitern.
…
Welche Körper findest Du schön?
I.Ich hab unlängst mal fotos gesehen von einem älteren Körper.da fand ich die Falten sehr aufregend. Das fällt mir spontan dazu ein. Ein Körper der etwas erlebt hat. Also ich find auch Narben zum Teil schön. ja. Aber auch bewegliche Körper finde ich schön. oder Körper, wo der Kopf und der Rest vom Körper verbunden sind. Das fällt mir auch oft auf, dass sitzende Körper nicht so schön sind wie stehende Körper oder wie sich bewegende Körper; ja, dass auch die Körperpositionen einen Körper für mich mehr oder weniger attraktiv machen.
II. ja momentan mag ich Narben. Ich find Körper, wo schon was eingeschrieben ist,schön, wo schon etwas entstanden ist. Ich find Körper schön, die wenig verspannt sind. Also ich glaub´, jeder Körper hat irgendwo Verspannungen, Anspannungen. Wenn davon wenig da sind, find ich´s gut,find ich schön. also Körper, die ungehemmt seien können, die sich in viele Richtungen bewegen können, find ich schön.
Findest Du Dich schön?
I. Nein.?, ich find mich unfertig. Nein, weil ich das Gefühl hab, ich halte was zurück. auch in der Körperhaltung. und ja,also ich mag mich. aber ich merk, dass ich mit dem Blick ein Problem hab. also dass jeder Blick was mit mir macht. Und das find ich nicht schön. Das was ich oft in den Blicken seh, find ich oft nicht schön; find ich oft schwierig für mich. Und ich finds ganz schwierig, mit Blicken in ne Richtung gepusht zu werden. Das passiert mir aber manchmal, dass ich mich dann anders empfind´ durch einen Blick. Und das für mich ne unangenehme Situation macht. Ich glaub schön ist man zum Beispiel immer wenn man schläft. Also schlafende Menschen find ich auch schön. ,,berührbare Körper.
II. Ja.
Also die Schultern gehören noch ein Stück weiter nach hinten. eben verspannt sind sie aber sonst…
Berühr Dich!
I. …
II. …
Wie fühlst Du Dich?
I. Ausgesetzt. aber gut. hab grad das Gefühl, dass die Membran, die Haut so ein bisschen durchlässiger ist. also so zum Beispiel mein Atem irgendwie so mehr Platz hat als nur hier drinnen. so .gleichzeitig ausgesetzt und verbunden. vorsichtig. Ich hab das Gefühl, ich beweg mich grad sehr.. sehr achtsam, also mit viel Aufmerksamkeit und deshalb brauch ich aber auch lang.
II. Berührt. Gut. nicht mehr ganz so verletzt wie noch vor ein paar Tagen; noch im Heilungsprozess. Ich bin auf jeden Fall ,ja, grad sehr glücklich, dass es.. . (ja), ich bin grad sehr glücklich. also weils gut gelaufen ist, die operation. und weil ich viel unterstützung bekommen hab von meinen Leuten. bisschen Angst hab ich, vor dem was jetz da noch kommt. oder was sich jetzt noch verändern wird. was es für neue Herausforderungen gibt für mich. aber, ich bin einfach sehr zufrieden.
Wovor hast Du Angst?
I. Davor kein Geld zu haben. Davor keine Arbeit zu finden. Davor abhängig zu sein. Davor um von anderen nicht abhängig zu sein, in ne anderer Abhängigkeit zu rutschen. Von einer Abhängigkeit in die andere zu rutschen. dahinter steht der Wunsch, das machen zu können, was ich für wichtig halt. und nicht die zeit dafür zu haben oder sie mir nicht zu nehmen bzw. keinen weg zu finden, das umzusetzen was für mich gut ist, in Ordnung ist oder funktioniert, sondern mich quasi nur anzupassen, das ist so die Angst. und die andere ist natürlich die Verunsicherung, die Unsicherheit, mit dem auch angenommen zu werden. oder eben allein zu bleiben.
Worauf freust Du Dich?
II.Schwierige Fage. Schwierige Frage!.
Ich glaub, grad kann ich sagen, dass ich mich so ziemlich auf alles freu was kommt, auf jede Herausforderung, die kommt, auf jede Veränderung, die kommt. auf die Menschen, die ich noch nicht kenn und kennlernen werd, auf die Dinge, die ich lern und die Sachen von denen ich noch keine Ahnung hab, die kommen werden. … Sehr allgemein! konkreter: ich freu mich drauf neue Sachen zu lernen. Und ich freu mich drauf, t-shirts zu kaufen, die eng anliegen, die gut ausschauen, wo ich mich selber anschauen kann. ich freu mich drauf, mich selber zu erleben, in neuen Situationen, Situationen, in denen ich noch nicht war. mich selber zu erleben und noch mal anders zu erleben.